Manuskript

Das virtuelle Netz der Rechtsextremen

Für Rechtsextreme ist das Internet der wichtigste Dreh- und Angelpunkt: Dort vernetzen sie sich miteinander und verbreiten ihre Ideologien. Ein Beispiel dafür ist die Tat von Halle im Oktober 2019.

Stephan B. erschoss im Oktober 2019 in der Stadt Halle zwei Menschen auf offener Straße und versuchte, die Tür einer Synagoge zu öffnen, in der gerade ein Fest gefeiert wurde. Wäre ihm das gelungen, hätte es noch viel mehr Tote gegeben. Schon wenige Minuten später wusste die ganze Welt Bescheid, denn: Der Täter übertrug seine Tat im Internet.

Etwa 30 Minuten war das Video auf der Streaming-Plattform Twitch online. 2200 Menschen sahen es insgesamt, fünf Personen sahen sogar die Übertragung live. Das Filmen von rechtsextremen Taten ist nichts Neues: Auch der Täter von Christchurch in Neuseeland, der 2018 zahlreiche Menschen erschoss, filmte seine Tat und übertrug sie direkt im Netz. Besonders kleinere Plattformen für Gamer sind wichtige Dreh- und Angelpunkte für Rechtsextreme geworden, auf denen sie ihre Ideologien verbreiten.

„Ich hätte nie gedacht, dass so was mal passieren kann, dass einer so abdreht. […] Der war wie ich. Ein Streamer“, schrieb ein junger Mann auf der Plattform Twitch wenige Tage nach der Tat. Experten für Rechtsextremismus wissen: Viele Menschen mit rechtsextremen Ideologien nutzen virtuelle Plattformen der Gamer-Szene, um sich zu vernetzen. „Sie finden dort Halt, Zuspruch und im Falle von Terroranschlägen im Zweifelsfall eine Bewertung“, erklärt Jan Rathje von der Amadeu-Antonio-Stiftung.

Nur ein kleiner Teil der Gesellschaft ist auf solchen Gamer-Plattformen unterwegs, aber wer dort aktiv ist, nutzt auch größere Plattformen, wie Facebook, Instagram und Twitter. Beiträge, die schockieren, werden dort häufiger angeschaut und dadurch umso mehr Menschen vorgeschlagen. Wer will, kann so schnell und einfach seine Ideologie verbreiten. Laut Jan Rathje haben Rechtsextreme das Internet genau als das verstanden, was es ist: eine Plattform, in der nur wenige Schranken existieren, wenn es um internationale Vernetzung und Kommunikation geht.

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